Literaturwettbewerb: „Von der Freiheit und der Pflicht“

Inspiriert von Richard David Prechts neuem Buch, haben wir für unseren diesjährigen Literaturwettbewerb das Thema „Von der Freiheit und der Pflicht“ ausgewählt.

Das Interesse war groß und wir haben von beiden Schulen (BORG & BAFEP) 46 Texte, die wieder von einer Schülerjury bewertet wurden, eingereicht bekommen.

Die Texte waren bezüglich der Textsorten als auch vom Inhalt her sehr vielfältig und unsere Lesung, im Rahmen der Preisverleihung, eine sehr gelungene Veranstaltung.

Maßgeblich beteiligt waren natürlich unsere Deutschprofessorinnen und Professoren, denen wir sehr herzlich dafür danken möchten, dass sie unsere Schülerinnen und Schüler so gut motiviert haben.

Ein besonderer Dank gebührt den Professorinnen und Professoren, die die Juryarbeit in den verschiedenen Klassen durchgeführt haben.

Die Bewertungen waren heuer äußerst knapp. Dies sind die Ergebnisse:

  1. Platz: Katharina Primig        1c BAFEP
  2. Platz: Raphael Slamanig       6b BORG
  3. Platz: Helene Reinbacher      7s BORG     

Die Preise wurden jeweils von den Elternvereinen der beiden Schulen gespendet, die Bücher von der Landhausbuchhandlung und der Buchhandlung Haček dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.

Mag. Lucija Ogorevc-Feinig
Mag.Hausberger Daniela

 

Unter keiner Flagge  von Raphael Slamanig

Darf ich mich vorstellen, ich bin Hans, 32, geboren in Deutschland. Ich diente dem Deutschen Reich von 1935-1945 und das ist meine Geschichte. Als kleiner Junge fand ich Abenteuer immer sehr aufregend und wollte im späteren Leben Abenteurer werden, doch daraus wurde nichts. Meine Eltern meinten, diesen Beruf gibt es nicht, ich solle aufhören zu träumen und realistisch bleiben. Sie waren der Ansicht, dass ich etwas für die Gemeinschaft beziehungsweise das Land tun soll. Genau so, wie sie ihre täglichen Pflichten erfüllten, musste ich auch meinen Pflichten nachkommen. Damals dachte ich mir nicht viel dabei, doch ein paar Jahre später sah alles anders aus.

Mit 18 verpflichtete ich mich bei der Wehrmacht, und machte dort Karriere. In den Augen der Offiziere und meiner Eltern war ich ein sogenannter „Vorzeigedeutscher“, auch Arier genannt. Ich dachte, wenn meine Eltern stolz sind, so kann ich wohl selbst auch auf mich stolz sein. So tat ich meine Pflicht und arbeitete nun als Soldat. Da war ich noch stolz, meinem Land zu dienen. Ich stellte nie in Frage, für welche Sache ich eigentlich kämpfte, ich folgte wortwörtlich blind dieser Ideologie. Jedoch als Deutschland den Krieg mit Polen startete und ich darin involviert war, fing ich an, an Deutschland und seinen Motiven zu zweifeln. Ja, ich kämpfte an der Front, ja, ich brachte Menschen um. Anfangs fiel es mir noch schwer, einen Menschen zu töten, doch es wurde mit jedem weiteren Menschen, den ich seines Lebens beraubte, leichter. Ich weiß selbst, welche Schandtaten ich vollbrachte, doch ich dachte, ich tat alles für einen guten Zweck. Allerdings war ich nur ein Werkzeug, so wie wir alle es waren, unter einer grausamen Idee. Pflichten, welche keine Pflichten waren, wurden unter absolutem Gehorsam ausgeführt. So viele Verbrechen wurden begangen. Für was? –  stelle ich mir die Frage.

Anfang 1945, als der Krieg schon aussichtslos für uns war und die Amerikaner vor unserer Türe standen, wurde mir eines bewusst: Im Leben war ich nie wirklich frei gewesen. Ich hörte immer nur auf andere, ich folgte deren Anweisungen und Befehlen, ohne jeglichen Widerspruch. Freiheit war eine Sache, nach der ich mich sehnte, ohne mit Konsequenzen zu rechnen. Freiheit wollte ich mir durch Erfüllen meiner Pflichten erkaufen. Der Preis, wie ich nun realisiere, war unbezahlbar. Letzten Endes drehte ich dem Deutschen Reiche den Rücken zu und desertierte. Es gab nichts mehr, wofür es sich zu kämpfen lohnte. Mit erhobenen Händen ging ich den Amerikanern entgegen und gab auf. Ich wollte nun nicht mehr unter irgendeiner Flagge dienen, kämpfen, leben… Und doch war ich es, der unter Deutschlands Flagge die Hand erhoben und andere unterdrückt hatte. Nie wieder! – schwor ich mir, um meine Freiheit und die der anderen zu wahren.